Frei aus Glauben

In seinem Vortrag zur Vierhundertfünzigjahrfeier der Reformation legt G. Ebeling dar, inwiefern Freiheit das Vermächtnis der Reformation ist. Das Selbstversändlichkeit, mit der im Zeitalter der Aufklärung und des Idealismus Reformation und Freiheit zusammengedacht wurden, ist in der Gegenwart, vornehmlich im Gefolge Nietzsches, in das Urteil umgeschlagen, im Unterschied zur Renaissance stelle die Reformation einen Rückfall in die Weltanschauung des Mittelalters dar und stehe zusammen mit der Gegenreformation auf der Seite der Unfreiheit. Angesichts dieses strittigen Verständnisses der Reformation und in deutlicher Konfrontation mit der heutigen allgemeinen Krise des Freiheitsverständnisses wird die Eigenart von Luthers Auffassung von der Freiheit eines Christenmenschen historisch gegen die mittelalterliche Denkweise abgegrenzt und theologisch auf ihre inneren Spannungen hin entfaltet. In verschiedener Hinsicht sind nach Luther das Gewissen, Jesus Christus sowie die Welt der Ort der Freiheitserfahrung. Die aus dem Glauben entspringende Freiheit tritt im Bereich des Handelns an konkrete Kennzeichen in Erscheinung: dem freiwilligen Dienen, der reinen Freude, der unverkrampften Offenheit allem gegenüber, der Geduld mit den Unfreien sowie dem ehrlichen Eingeständnis unserer eigenen mannigfachen Unfreiheit. Das Vermächtnis der Reformation an die Gegenwart wird dreifach entfaltet.