Theologie

Jürgen Becker

Mündliche und schriftliche Autorität im frühen Christentum

2012. IX, 306 Seiten.
54,00 €
inkl. gesetzl. MwSt.
Broschur
ISBN 978-3-16-151707-5
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Jürgen Becker entwirft eine Gesamtdeutung für den Entstehungsprozess des neutestamentlichen Kanons. Dabei wird deutlich, dass zunächst die mündliche Kultur das Gemeindeleben prägte. Ohne dass ihre Wertschätzung verblasste, kam es erst langsam zu Lesungen frühchristlicher Texte im Gottesdienst. Aus der Bemühung, diese Texte einzugrenzen, entstanden am Ende des 2. Jahrhunderts erste Entscheide, die für eine Kanonbildung Relevanz besaßen.
Der neutestamentliche Kanon ist in einem langen Prozess entstanden, dessen Nachzeichnung viele Probleme enthält, vor allem für die Zeit bis 200 n. Chr. Jürgen Becker will zur Aufhellung dieses Zeitabschnitts beitragen, indem er bisher kaum beachtete Aspekte herausarbeitet. Dazu gehören die Markierung verschiedener Zäsuren in diesem Prozess, die Beachtung kultureller und institutioneller Gesichtspunkte und nicht zuletzt die Bewertung der nachhaltigen Hochschätzung der mündlichen Tradition in dem gesamten Zeitabschnitt. Außerdem werden die Entstehungsverhältnisse der Literatur und der Umgang mit ihr ausgewertet. Als Hauptergebnis stellt er fest, dass die ersten Vorentscheide in Richtung eines neutestamentlichen Kanons erst gegen Ende des 2. Jahrhunderts fallen.
Zu den Einzelergebnissen gehören: Die Paulusbriefe wurden zunächst nicht im Gottesdienst vorgelesen, sondern in Gemeindeversammlungen. Die frühen Gottesdienste kannten noch gar keine Lesungen, wohl aber die mündliche Erinnerung an die Jesusüberlieferung. Diese bestand nicht aus flüchtigen Augenblicksgestalten, sondern aus strukturierten Einheiten, die auch in die zu Beginn der nachapostolischen Zeit entstehende Evangelienliteratur eingingen. Sie wiederum wurde dann bald für gottesdienstliche Lesungen benutzt. Trotz dieser Wertschätzung konnten die Evangelien daneben weiter bearbeitet und zur Gestaltung neuer Evangelien verwendet werden. Erst die Option des Irenäus für eine abgeschlossene Vier-Evangelien-Sammlung und die Aufzählung aller für den Gottesdienst geeigneten »apostolischen« Literatur im Canon Muratori mit der Struktur »Evangelien und Briefe«, diese mit dem Kernbereich der paulinischen Episteln, sind entscheidende Schritte auf dem Weg zur Kanonbildung. Der viel diskutierte Rang des Marcion bei der Kanonbildung ist dagegen bescheiden.
Personen

Jürgen Becker Geboren 1934; Studium der Theologie in Hamburg und Heidelberg; 1961 Promotion; 1968 Habilitation; 1969–2000 Ordinarius für Neues Testament und Judaistik in Kiel; Rufe nach Bochum und Zürich; Vizepräsident der Universität; 2000 Emeritierung; 2000 Ehrenpromotion der Theologischen Fakultät in Tartu.

Rezensionen

Folgende Rezensionen sind bekannt:

In: Bibel und Kirche – Biblische Bücherschau — http://www.biblische-buecherschau.de/2013/Becker_Autoritaet.pdf (02/2013) (Rainer Feldbacher)
In: Rottenburger Jahrbuch f. KirchenG — 31 (2012), S. 193–195 (Michael Tilly)
In: Journal for the Study of the New Testament (JSNT) — 35.5. (2013), S. 136–137 (Svetlana Khobnya)
In: Early Christianity — 8 (2017), S. 111–123 (Christine Jacobi)
In: De Stem van het Boek — 2012, Heft 2, S. 21–22 (PJT)
In: Studien zum NT u.seiner Umwelt — 38 (2013), S. 226–227 (Wilhelm Pratscher)
In: New Testament Abstracts — 56 (2012), S. 376–377