David G. Kristinsson präsentiert eine frühe Geschichte der Grenzziehung zwischen Soziologie und Philosophie. Er befasst sich mit den vorwiegend in Philosophie habilitierten Soziologen, die die deutsche Soziologie in ihrem Entstehungsprozess vertraten und die Frage nach ihrer Beziehung zur Philosophie hervorriefen.
David G. Kristinsson legt eine Geschichte der Grenze zwischen Soziologie und Philosophie vor. Darin befasst er sich mit deutschsprachigen Soziologen der ersten Stunde. Er betrachtet die entstehende Disziplin Soziologie in ihrer Absetzungsbewegung zur Philosophie. Mittels intensiver Lektüre bestimmter Werke (u.a. Tönnies' und Simmels) untersucht er, welche Aufgaben die Soziologen ihrer neuen Disziplin in Abgrenzung zu denen einer künftigen Philosophie zuwiesen. Da Soziologen zu dieser Zeit noch kaum auf statistischer, sondern vor allem auf Grundlage historischer Kenntnisse und Alltagsbeobachtungen arbeiteten, analysiert der Autor die Abweichungen von der Gesellschaftsanalyse der herrschenden Universitätsphilosophie. Denn ihre induktive Metaphysik der Gesellschaft unterschied sie zwar klar von der spekulativen, kaum aber von der wissenschaftlichen Philosophie.
Inhaltsübersicht:
Vorwort
1 Einleitung1.1 Aus welchen Disziplinen entstand die Soziologie?
1.2 Deutsche Soziologen 1883-1909
1.3 Die Vorgeschichte der Soziologie
1.4 Die Geburt der Gesellschaftswissenschaften
1.5 Der deutsche Sprachraum
1.6 Wissenschafts-, Soziologie- oder Philosophiegeschichte?
1.7 Schnädelbachs Philosophiegeschichte
1.8 Philosophiegeschichtliche Strategieanalyse
1.9 Philosophie und Psychologie
1.10 Stand der Forschung
2 Zur unmittelbaren Vorgeschichte der deutschen Soziologie2.1 Paul von Lilienfeld
2.2 Albert Schäffle
3 Ludwig Gumplowicz3.1 Raçe und Staat (1875)
3.2 Philosophisches Staatsrecht (1877)
3.3 Der Rassenkampf (1883)
3.4 Grundriß der Sociologie (1885)
3.5 Spätere Schriften (1886-1910)
3.6 Resümee
4 Gustav Ratzenhofer4.1 Schopenhauer über die Willensfreiheit
4.2 Kants Vereinbarung von Freiheit und Notwendigkeit
4.3 Schopenhauers Weiterführung von Kant
4.4 Ratzenhofers Weiterführung von Schopenhauer
4.5 Positive Ethik
4.6 Die naturwissenschaftliche und -philosophische Grundlage der Soziologie
4.7 Vergangenheit und Zukunft der Philosophie
4.8 Die Oberflächlichkeit der Statistik
4.9 Synthetische Soziologie
4.10 Philosophie und Soziologie
4.11 Resümee
5 Ludwig Stein5.1 Über Ratzenhofer
5.2 Ein Philosophiehistoriker wird Soziologe
5.3 Die sociale Frage im Lichte der Philosophie
5.4 Sozialphilosophie bzw. Soziologie
5.5 Milieu vs. Freiheit
5.6 Kant und die Vorhersehbarkeit
5.7 Soziologie als Normwissenschaft
5.8 Versuch einer Kulturphilosophie
5.9 Lazarus Schweiger
5.10 Resümee
5.11 Appendix: Paul Barth
6 Abraham Eleutheropulos6.1 Die Redlichkeit (1897)
6.2 Wirtschaft und Philosophie (1900)
6.3 Soziologie (1904)
6.4 Wissenschaftliche Philosophie (1906)
6.5 Resümee
7 Wilhelm Jerusalem7.1 Seine Wege und Ziele
7.2 Die Brentano-Schule als Antipodin
7.3 Wundt als Vorbild
7.4 Eine Philosophie von Unten
7.5 Die psychologische Grundlegung der Philosophie
7.6 Die genetisch-biologische Betrachtungsweise
7.7 Die soziologische Betrachtungsweise
7.8 Pragmatismus vs. Apriorismus
7.9 Aprioristische vs. evolutionistische Philosophie
7.10 Moderne Geschichtsphilosophie
7.11 Erkenntnissoziologie
7.12 Resümee
8 Ferdinand Tönnies8.1 Die Habilitationsschrift Gemeinschaft und Gesellschaft
8.2 Tönnies' Kluft zwischen reiner Soziologie und Sozialstatistik
8.3 Statistik und Soziologie
8.4 Tönnies und die Statistik
8.5 Philosophische Soziologie
8.6 Philosophie und Soziologie
8.7 Philosophie und Wissenschaft
8.8 Soziologische Philosophie
8.9 Resümee
9 Georg Simmel9.1 Disziplinäre Zuordnung
9.2 »Psychologie« als disziplinäre Kennzeichnung
9.3 Von einer Psychologie zur Philosophie des Geldes
9.4 Von einer Psychologie zur Philosophie der Mode
9.5 Sozialphilosophie
9.6 Die Probleme der Geschichtsphilosophie
9.7 Philosophie und Soziologie
9.8 Resümee
10 Fazit und Ausblick