Rechtswissenschaft

Stefan Grundmann

Pluralistische Privatrechtstheorie

Prolegomena zu einer pluralistisch-gesellschaftswissenschaftlichen Rechtstheorie als normativem Desiderat (»normativer Pluralismus«)

Jahrgang 86 () / Heft 2, S. 364-420 (57)
Publiziert 03.05.2022

Die Frage des Umgangs mit Gesellschafts- und weiteren Wissenschaften in Rechtswissenschaft und -praxis zählt zu den Schicksalsfragen, an denen sich Innovationskraft, Proprium und Verständnis von Recht und Rechtswissenschaft mitentscheiden. Mit Law and Economics ist ein solcher Ansatz wirkmächtig, in den USA vielleicht gar dominant. Der Beitrag unterscheidet zwischen monistisch ausgerichteter interdisziplinärer Offenheit – gegenüber einer Nachbardisziplin, die häufig selbst ein Hauptziel verfolgt – und pluralistisch ausgerichteter interdisziplinärer Offenheit. Er sieht in Letzterer ungleich größere heuristische Potentiale (bezogen auf alle Sichten in der Gesellschaft). In einer pluralistischen Gesellschaft, die Pluralismus als Verfassungsgebot ausformt, sieht er eine pluralistisch interdisziplinäre Offenheit vor allem als normativ überlegen und gar zwingend. Sie erscheint auch vorzugswürdig für das Proprium der Rechtswissenschaft: als Disziplin des Ausgleichs in der Gesellschaft. Der Beitrag geht auch den größten »Nachteil« an, die offene, schwierige Frage: Wie ist über Hierarchisierungen zu entscheiden? Mit dem Wertenachverfolgungsansatz schlägt er einen an Verfassung und Demokratie als Leitrechtsordnungen orientierten Mechanismus vor.
Personen

Stefan Grundmann ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Deutsches und Europäisches Handels- und Wirtschaftsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin, zugleich Professor of Transnational Law and Theory am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz.