Das Jahrbuch präsentiert einschlägige Forschungsbeiträge zur Hermeneutik, die sich Themen von der Antike bis zur Gegenwart widmen. Hermeneutik gilt dabei als Kennzeichen der modernen Philosophie in vielerlei Bereichen: Sie bedeutet Reflexion auf die Kultur- und Geschichtsgebundenheit des Menschen sowie auf Interpretation und Übersetzung als Ermöglichung von Verständnisleistungen. Schwerpunktthema dieses Bandes ist der Humanismus.
Dieses Jahrbuch repräsentiert eine Hauptströmung der gegenwärtigen Philosophie mit ihren Entsprechungen in den Wissenschaften. Die philosophische Beschäftigung mit der Hermeneutik ist längst über die Frage nach der Textauslegung und der Methode in den Geisteswissenschaften hinausgelangt. Die Geschichtlichkeit und Interpretationsgebundenheit des Denkens wird nicht mehr nur als das spezielle Problem eines bestimmten Zweigs der Wissenschaft gesehen, sondern erscheint als Kennzeichen des Denkens überhaupt.
Das Internationale Jahrbuch für Hermeneutik trägt der Breite dieser möglichen Ansätze Rechnung: Es steht sowohl historisch als auch systematisch allen Forschungsrichtungen offen, die an den Fragehorizont der Hermeneutik, sei es kritisch oder affirmativ, anschließen können. Somit repräsentiert es nicht nur diejenige Forschung, die sich auf hermeneutisches Denken im engeren Sinne bezieht, also etwa auf das Denken Nietzsches, Diltheys oder Heideggers. Vielmehr haben Beiträge zur Antike dort ebenso ihren Ort wie Beiträge zur Philosophie im Umkreis des Deutschen Idealismus. Desgleichen wird dem interdisziplinären Charakter der Hermeneutik Rechnung getragen. Die möglichen Beziehungen der Philosophie nicht nur zur Kulturwissenschaft im allgemeinen, sondern auch zur Literatur-, Geschichts- und Kunstwissenschaft sowie zur Theologie werden in angemessener Weise thematisiert.
Die Autoren der Beiträge in diesem Band befassen sich aus verschiedenen Perspektiven und mit den unterschiedlichsten Herangehensweisen mit dem Thema 'Humanismus'.
Inhaltsübersicht:
John Sallis: Nachruf auf Dominique Janicaud
Schwerpunkt Humanismus:Jacques Derrida: Die »Welt« der Aufklärung, die kommen mag -
Volker Gerhardt: Politischer Humanismus. Skizze eines Programms -
Ernst Wolfgang Orth: Humanismus und politische Anthropologie -
Birgit Sandkaulen: Freundschaft. Aristoteles - Montaigne - Kant -
Petra Gehring: Zwischen »Menschenpark« und »soft eugenics« Zur Aktualität und zu den hermeneutischen Verlegenheiten des Züchtungsbegriffs -
Damir Barbaric: Mensch in der Nacht. Heraklits Fragment 26 -
Hans-Helmuth Gander: Montaignes Humanismus -
Birgit Recki: Kant und der Humanismus -
Tilo Wesche: Vernunft und Erfahrung in der Philosophie Kierkegaards -
Christoph Lienkamp: »Liebe verpflichtet«. Zur Hermeneutik von Gebot und Gesetz bei Paul Ricœur und Franz Rosenzweig -
Ernst A. Schmidt: Werner Jägers »dritter Humanismus«
Abhandlungen:Peter Trawny: Apollon und der Anfang der Philosophie. Eine Anmerkung zur Grundlegung der Theoria bei Aristoteles -
Felix Duque: »Die Kraft des Selbstbewußtseins ist der Wille« Schelling über das Selbe -
Jan-Ivar Linden: Reflexivität. Zu einem Problem der philosophischen Hermeneutik Gadamers -
László Tengelyi: Paul Ricœur und die Erfahrung der Geschichte.