Die Autoren der Beiträge in diesem Band setzen sich mit den Herausforderungen auseinander, denen die Konzeption eines Allgemeinen Verwaltungsrechts heute ausgesetzt ist - der Rolle des Gesetzes, der Pluralisierung administrativer Entscheidungsträger, der Integration nicht-rechtlicher Maßstäblichkeit in das Verwaltungshandeln und der Rolle des Verfassungsrechts für die Beobachtung verwaltungsrechtlicher Entwicklungen.
Als übergreifendes Konzept von den Regelungsansätzen und Steuerungsgrenzen des Rechts bildet Eberhard Schmidt-Aßmanns Werk »Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee« einen Kristallisationspunkt der Wissenschaft vom Öffentlichen Recht. Dem systematischen Ansatz dieses Werkes liegen Vorstellungen einer Einheitsbildung zugrunde, deren Tragfähigkeit immer aufs Neue überprüft werden muss. Hierzu zählen die Grundannahmen über die Leistungsfähigkeit von Dogmatik, über die Bedeutung des (parlamentarischen) Gesetzes für die verwaltungsrechtliche Systembildung oder das Bild des Funktionierens staatlicher Herrschaft. Phänomene wie Internationalisierung oder Privatisierung fordern diese und andere Grundannahmen des Werkes heraus. Lässt sich noch von einer einheitlichen Ordnungsidee sprechen, an der entlang ein Allgemeines Verwaltungsrecht zu konstruieren wäre? Ist eine solche einheitliche Idee als normatives Konzept sogar umso nötiger, um dem Auftrag des Öffentlichen Rechts unter den Bedingungen heutiger Gemeinwohlverwirklichung gerecht zu werden? Welche Aufgaben hätte ein Allgemeines Verwaltungsrecht für diese Ordnungsleistung zu erbringen? Autoren durchaus heterogener biographischer, nationaler und wissenschaftlicher Herkunft, die die Bewunderung für die der »Ordnungsidee« zugrundeliegende systematische Kraft eint, gehen dieser beständigen Aufgabe verwaltungsrechtlicher Systembildung nach.
Inhaltsübersicht:
I. Die Bedeutung des Gesetzes im Konzept des Allgemeinen VerwaltungsrechtsKlaus von Beyme: Implementation: ein Paradigma der Synergieeffekte zwischen Verwaltungswissenschaft und Politikwissenschaft -
Hans-Günter Henneke: Selbst-Verwaltung in Gemeinden und Kreisen als Pluralisierungsfaktor -
Wolfram Höfling: Professionelle Standards und Gesetz -
Wolfgang Kahl: Parlamentarische Steuerung der internationalen Verwaltungsvorgänge -
Clemens Ladenburger: Evolution oder Kodifikation eines allgemeinen Verwaltungsrechts in der EU -
Helmuth Schulze-Fielitz: Einheitsbildung durch Gesetz oder Pluralisierung durch Vollzug -
Gunnar Folke Schuppert: Die Rolle des Gesetzes in der Governancetheorie -
Dieter Sellner: Der systematische Ertrag einer Kodifikation für das allgemeine Verwaltungsrecht am Beispiel des Umweltgesetzbuches -
Hans-Heinrich Trute: Die konstitutive Rolle der Rechtsanwendung -
Thomas Vesting: Rechtswissenschaftliche Beobachtung des Rechtssystems: Einheitsbildung und Differenzerzeugung
II. Einheitliche Verwaltung oder Pluralität administrativer HandlungszusammenhängeJavier Barnes: Collaboration among Public Administrations through Domestic Administrative Procedure -
Pavlos-Michael Efstratiou: Der Grundsatz der guten Verwaltung als Herausforderung an die Dogmatik des nationalen und europäischen Verwaltungsrechts -
Martin Eifert: Legitimationsstrukturen internationaler Verwaltung -
Jochen Abr. Frowein: UN-Verwaltung gegenüber dem Individuum - legibus absolutus? -
Thomas Groß: Die öffentliche Verwaltung als normative Konstruktion -
Ute Mager: Die europäische Verwaltung zwischen Hierarchie und Netzwerk -
Johannes Masing: Organisationsdifferenzierung im Zentralstaat - unabhängige Verwaltungsbehörden in Frankreich -
Matthias Ruffert: Verselbständigte Verwaltungseinheiten: Ein europäischer Megatrend im Vergleich
III. Rechtliche und außerrechtliche Maßstäbe des VerwaltungshandelnsMichael Fehling: Das Verhältnis von Recht und außerrechtlichen Maßstäben -
Christoph Möllers: Materielles Recht - Verfahrensrecht - Organisationsrecht -
Yoichi Ohashi: Die Aufgabe des Rechts bei der Steuerung der Verwaltung in Japan -
Rainer Schmidt: Die Rechtsgarantie gerichtlicher Kontrolle in Deutschland in einer globalisierten Wirtschaft -
Friedrich Schoch: Außerrechtliche Standards des Verwaltungshandelns als gerichtliche Kontrollmaßstäbe -
Bettina Schöndorf-Haubold: Internationale Sicherheitsverwaltung -
Wolfgang Spoerr: Der Einfluss ökonomischer Modellbildung auf rechtliche Maßstäbe der Regulierung -
Andreas Voßkuhle: Expertise und Verwaltung -
Rüdiger Wolfrum: Ansätze eines allgemeinen Verwaltungsrechts im internationalen Umweltrecht
IV. Die Rolle des Verfassungsrechts als Beobachtungsebene und seine ÄquivalenteArmin von Bogdandy: Prolegomena zu Prinzipien internationalisierter und internationaler Verwaltung -
Paul Craig: The Administrative System and Administrative Law Principle in the UK -
Michael Gerhardt: Verfassungsgerichtliche Kontrolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit als Parameter der Konstitutionalisierung des Verwaltungsrechts -
Wolfgang Hoffmann-Riem: Kohärenzvorsorge hinsichtlich verfassungsrechtlicher Maßstäbe für die Verwaltung in Europa -
Paul Kirchhof: Verfassungsgebung jenseits des Verfassungsstaates?
Karl-Heinz Ladeur: Die Bedeutung eines Allgemeinen Verwaltungsrechts für ein Europäisches Verwaltungsrecht -
Hans Christian Röhl: Verfassungsrecht als wissenschaftliche Strategie? -
Arno Scherzberg: Das Allgemeine Verwaltungsrecht zwischen Praxis und Reflexion - Theoretische Grundlagen der modernen Verwaltungsrechtswissenschaft -
Rainer Wahl: Europäisierung: Die miteinander verbundenen Entwicklungen von Rechtsordnungen als ganzen -
Ryuji Yamamoto: Das japanische Verwaltungsrecht und sein Verhältnis zur Konstitutionalisierung