Die multidimensionale Verfasstheit menschlichen Seins, geprägt durch Freiheit, Ambivalenz und das Streben nach Sinn, erfordert technische wie ethische Urteilskriterien. Elisabeth Gräb-Schmidt beleuchtet dieses Spannungsfeld im Kontext des Schöpfer-Geschöpf-Verhältnisses und würdigt die Geschöpflichkeit als Grundlage menschlicher Freiheit.
Menschen sind in ihrem Denken und Handeln auf Orientierungen angewiesen. Ohne sie geht die Sinnhaftigkeit des Lebens verloren. Denn das Sein des Menschen ist ein durch Freiheit bestimmtes, die sich im technischen Gestaltungsvermögen auf der einen und im ethischem Reflexionsvermögen auf der anderen Seite zeigt. Im Scheitern und Gelingen der mit der Freiheit erforderten Gestaltungsaufgabe von Selbst-, Welt- und Ursprungsbeziehungen kommt jedoch die Ambivalenz und Multidimensionalität dieser Freiheit zum Vorschein, die damit zugleich auf ihre Vorgegebenheit verweist. Der Umgang mit dieser Ambivalenz erfordert technische und ethische Urteilskriterien, die in Responsivität und Resonanz das Vorgegebene der Freiheit in aller Selbstwirksamkeit vergegenwärtigen und respektieren. Elisabeth Gräb-Schmidt reflektiert in ihrem Aufsatzband diese Ambivalenz theologisch auf der Ebene des Verhältnisses von Schöpfer und Geschöpf, die dessen Geschaffensein als Voraussetzung seiner Freiheit anerkennt und würdigt.
Inhaltsübersicht:
1. Normativität in der Moderne? Religionsphilosophische, dogmatische und ethische Überlegungen.
Einleitung
I. Grundlegungen2. Der Wirklichkeits- und Normativitätsanspruch der Ethik
3. Implizite Normativität als Reflexionsaufgabe der Ethik
4. Die Bedeutung reformatorischer Einsichten für die ethische Urteilsbildung der Gegenwart
5. Gerechtigkeit als Horizontbegriff der Ethik und seine Leistungskraft im Zeichen der Rechtfertigungslehre
6. Leben und Handeln
7. Würde als Bestimmung der Natur des Menschen?
8. Religionsfreiheit als Grundlage von Pluralismus, Toleranz und Wahrheit
II. Die Frage nach Freiheit in wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontexten9. Die Aufgabe der Verantwortung
10. Wie begegnet die Theologie den Herausforderungen durch die Evolutionstheorie? Anmerkungen zu einem problematischen Verhältnis
11. Wie kommt das Gute in die Welt? Das Verständnis des Menschen im Spannungsfeld von Soziobiologie, Ethik und Religion
12. Freedom in Responsibility. On the Relevance of « Sin » as a Hermeneutic Guiding Principle in Bioethical Decision Making
13. Der Abgrund menschlicher Möglichkeiten und der Anspruch des Anderen. Theologisch-ethische Perspektiven zu sexualisierter Gewalt in kirchlichen Kontexten
14. Der vulnerable Mensch. Überlegungen zu einem realistischen Verständnis des Menschen
15. Würde und Personsein, verletzliches Leben. Gedanken zum Verhältnis von Selbstbestimmung und Würde angesichts der Fragen zum assistierten Suizid
16. Ein neues Verständnis von Selbstbestimmung
17. Hoffnung als Ausdruck der eschatologischen Existenz des Menschen. Einsichten theologischer Ethik angesichts der Sinnfrage
18. Der lebendige Grund personaler Identität. Überlegungen zu einem leibbezogenen Personkonzept im Anschluss an Wilhelm Dilthey
III. Die ethische Dimension der Kultur – Zur Aufgabe der Gestaltung in Mit- und Umwelt19. Die anthropologische Dimension der Technik zwischen Natur und Freiheit. Zu den Bestimmungen des Verhältnisses der Natur des Menschen und seiner Freiheit in verantwortungsethischer Absicht
20. Die Technik – unser Leben
21. Die Herausforderungen der Neurowissenschaften als Anfrage an das Verhältnis von Ethik und Technik
22. Natur und Technik als Thema von Theologie. Zu einer Rehabilitierung der natürlichen Theologie in ökologischer Absicht am Beispiel von Technikethik
23. Umweltethik
24. Nachhaltigkeit im Zeichen reformatorischer Freiheit