Sozial-/Kulturwissenschaften

Max Weber

Max Weber-Studienausgabe

Band I/22,2: Wirtschaft und Gesellschaft. Religiöse Gemeinschaften
Hrsg. v. Hans G. Kippenberg, in Zus.-Arb. m. Petra Schilm unter Mitw. v. Jutta Niemeier

2005. V, 287 Seiten.
19,00 €
inkl. gesetzl. MwSt.
fadengeheftete Broschur
ISBN 978-3-16-148450-6
lieferbar
Im Gegensatz zum Materialismus, der menschliches Handeln auf berechenbare Zwecke und Interessen reduziert, ist in der Religion alltägliches Handeln mit einem unerfüllten Streben nach Heil verknüpft. Max Weber untersucht die konträre Sinndeutung menschlichen Handelns anhand der Geschichte der Religionen.
Der vorliegende Text wurde 1921/22 im Zusammenhang mit anderen nachgelassenen Texten in Wirtschaft und Gesellschaft unter der Überschrift 'Religionssoziologie (Typen religiöser Vergemeinschaftung)' veröffentlicht. Max Weber hat ihn wahrscheinlich 1913/1914 niedergeschrieben. In einem Brief an Heinrich Rickert nannte er ihn seine 'Religionssystematik'. Der vorliegende Text ist das erste Ergebnis religionswissenschaftlicher Studien, die Weber seit 1911 betrieben hatte. Weber hatte damals eine Entdeckung gemacht, die er für eine seiner wichtigsten hielt: daß Religionen maßgeblich zur Herausbildung der Unterschiedlichkeit der Kulturen in allen ihren Dimensionen im Orient und im Abendland beigetragen haben. Nicht nur das kapitalistische Wirtschaftsethos des Westens, sondern auch andere gesellschaftliche Ordnungen wie z.B. Recht und Herrschaft waren von der Religionsentwicklung mitbestimmt worden.
Weber rekonstruierte in dem Text die Entwicklung und Ausdifferenzierung religiöser Gemeinschaften und zeigte, daß diese von der ökonomischen, sozialen und politischen Interessenlage der Laien abhängig waren. Weber nahm an, daß alles soziale Handeln sich, gewollt oder ungewollt, in der Domäne des von den Religionen bearbeiteten Sinn-Problems befindet. Dabei richtet er sein besonders Augenmerk auf die weltablehnenden Religionen und die von ihnen begründeten praktischen Weltverhältnisse.
Der Text nimmt eine Schlüsselstellung in der Komposition des gesamten nachgelassenen Textes Wirtschaft und Gesellschaft ein und bildet außerdem eine Brücke zwischen der früheren Schrift Die Protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus und den späteren Studien zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen.
Weber hatte eine Bearbeitung des Manuskriptes beabsichtigt, zu der er vor seinem Tode jedoch nicht mehr gekommen ist. Die historisch-kritische Edition gibt den Text der ersten Edition von 1921/22 wieder, rekonstruiert Zeit und Umstände seiner Entstehung, ermittelt die Stellung von Webers Systematik in der Religionswissenschaft und -philosophie vor dem 1. Weltkrieg und erläutert den Text mit Quellen und Literaturhinweisen.
Personen

Max Weber Geboren 1864 in Erfurt; Studium der Jurisprudenz, Geschichte, Nationalökonomie und Philosophie in Heidelberg, Berlin und Göttingen; 1889 Promotion über die Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter; 1891 Habilitationsschrift über Römische Agrargeschichte; Ordinarius für Nationalökonomie in Freiburg (ab 1894) und Heidelberg (ab 1897); Mitherausgeber des Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik und Redakteur des Grundriß der Sozialökonomik; umfassende Beiträge zur Methodologie der Sozialwissenschaften, zur Politik des deutschen Kaiserreichs, zu Wirtschaft, Politik, Religion, Recht und Kunst in universalgeschichtlicher Perspektive; nach langem, krankheitsbedingtem Interim schließlich Professor für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie in München (ab 1919); gestorben 1920 in München.

Hans G. Kippenberg ist Professor für Religionswissenschaft an der Universität Bremen und Fellow am Max-Weber Kolleg der Universität Erfurt.

Petra Schilm zur Zeit Promotion in Religionswissenschaft an der Universität Bremen.

Jutta Niemeier ist Diplom-Religionswissenschaftlerin.

Rezensionen

Folgende Rezensionen sind bekannt:

In: Iyyun — Jg.54 (2005), S.455f
In: Archiv für Hess.Gesch.u.Altertumsk. — Jg.63 (2005), S.441f (J. F. Battenberg)