Reformatorische Paulusauslegungen sind vielfältiger als das Etikett »lutherische Paulusperspektive« vermuten lässt. Dieser Band stellt Kommentare aus der Schweizer Reformation, humanistische und täuferische Exegeten sowie Wittenberger Auslegungen authentischer und deuteropaulinischer Briefe vor.
Reformatorische Paulusauslegung wird in der gegenwärtigen Paulusforschung meist mit Martin Luthers Vorlesungen zum Galater- und zum Römerbrief gleichgesetzt. Sie dient als Gegenbild, von dem sich moderne Paulusexegese abgrenzt. Die Aufsätze dieses Bandes zeigen, dass die Auslegung der Paulusbriefe im 16. Jahrhundert vielfältiger und als Gesprächspartner für heute interessanter ist. Ein Schwerpunkt des Bandes liegt auf der Schweizer Reformation in Zürich, der Oberrheinregion und Genf. Daneben kommen Ausleger der Wittenberger Reformation neben Luther sowie täuferische und humanistische Ausleger in den Blick. Eine Besonderheit dieses Bandes ist, dass auch deuteropaulinische Briefe einbezogen werden.
Inhaltsübersicht
Stefan Krauter: Einleitung
Kontexte Ulrike Treusch: Spätmittelalterliche Paulus-Auslegung als Kontext und Verstehenshorizont reformatorischer Paulus-Exegese −
Lothar Vogel: Erasmus als Paulus-Kommentator −
Greta Kroeker: Erasmus and Paul −
Ulli Roth: Soteriologische Aussagen in den Pauluskommentaren des Faber Stapulensis
Wittenberg Sven Grosse: Römerbriefauslegung bei Origenes und Luther −
Johannes Woyke: De lege simpliciter et universaliter? »Werke des Gesetzes« in Thesen Martin Luthers zu Römer 3,28 für Disputationen 1535–1537 im Spiegel der Debatte um die Neue Paulusperspektive −
Martin Bauspieß: Auf der Suche nach der Sache der Schrift. Zur »lutherischen« Perspektive auf Paulus und Jakobus −
Benjamin Schliesser: Martin Luthers Hebräerbriefvorlesung (1517–1518) als Paulusexegese. Zur Subjektivität und Existentialität des Glaubens −
Michael Wolter: Philipp Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540 −
Tobias Jammerthal: The Work of a Lifetime. Philip Melanchthon's Commentaries on Pauline Epistles −
Jonas Milde: Doctor Pommer und Sankt Paul. Beobachtungen und Überlegungen zu Paulusbild, -verständnis und -rezeption in den reformatorischen Schriften Johannes Bugenhagens −
Stefan Krauter: Die Pastoralbriefe im Dienst reformatorischer und antireformatorischer Polemik bei Caspar Cruciger dem Älteren und Ambrosius Catharinus
Zürich und Oberrhein Pierrick Hildebrand: Geist und Buchstabe bei Zwingli: Auslegung eines paulinischen Grundgegensatzes −
Luca Baschera: Heinrich Bullinger's Commentary on 1Thessalonians: Purpose, Method, and Themes −
Manuel Nägele: Anthropologische Termini in Heinrich Bullingers Paulusauslegung −
Jon Balserak: Peter Martyr Vermigli's Exegesis of the Pauline Letters −
Alicia Batten : Early Anabaptists and the Pauline Tradition −
Ueli Zahnd: Early Basel Readings of Romans: Wolfgang Capito and Johannes Oecolampad
Genf R. Ward Holder: Calvin, Paul, and the New Perspective −
Esther Kobel: New Perspective avant la lettre? Der historische Paulus in Calvins Römerbriefkommentar −
Arthur Huiban: Nemo censetur ignorare legem. The Inexcusability of the Atheist in Calvin's Commentary on Rom 1,18–23 (1556) −
Stephen J. Chester: Faith and Family: Calvin, the Figure of Abraham, and the New Perspective on Paul −
Christine Gerber: Paulus lebendig – und Paulus literarisch. Der Epheserbrief in der Lektüre Luthers und Calvins aus der Perspektive historisch-kritischer Exegese