Hermann Cohen hat sein Spätwerk »Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums« im intensiven Gespräch mit der liberalen protestantischen Theologie des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelt. Diese jüdische Religionsphilosophie fordert christliche Theologie zu einer Auseinandersetzung heraus, die gerade erst begonnen hat.
Für die aktuelle Frage nach Religion ist Cohens 1919 posthum herausgegebenes Spätwerk noch längst nicht ausgeschöpft. Wie neuere Forschungen belegen, ist es nicht nur aus einer profunden Kenntnis der jüdischen Tradition hervorgegangen, sondern auch aus einer intensiven Auseinandersetzung mit der christlichen Theologie seiner Zeit, insbesondere in ihrer protestantischen Gestalt. Dieser neukantianische Philosoph jüdischer Religion verfolgte aufmerksam die Entwicklungen der liberalen Theologie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In den vorliegenden Beiträgen werden diese historischen Zusammenhänge ebenso untersucht wie die unterschiedlichen Zugänge in systematisch-theologischer Hinsicht, sei es zum Namen und zum Begriff Gottes, zur Person Jesu Christi, zum Begriff des Heiligen Geistes, zum Sündenbegriff, zum Gebet, sowie zur Methode der Korrelation. Das sich im Ausgang von Cohens Wahrnehmung des evangelischen Christentums erschließende Feld der Forschung kann sachgemäß nur in Kooperation zwischen Judaistik, Philosophie und Theologie bearbeitet werden.
Inhaltsübersicht:
Inhaltsübersicht:
Ulrich Heckel: Geleitwort
Hans Martin Dober/Matthias Morgenstern: Vorwort
1. Die Quellen des Judentums und der Vernunft
Matthias Morgenstern: Cohen und seine Quellen des Judentums -
Hartwig Wiedebach: Der Heilige Geist bei Hermann Cohen -
Édouard Robberechts: Das Opfer des Opfers bei Hermann Cohen
2. Zeitgenössische Kontexte in Cohens Auseinandersetzung mit dem evangelischen Christentum
Myriam Bienenstock: »Von Angesicht zu Angesicht«, d. h. »ohne einen Mittler«: Cohen und die evangelische Vermittlungstheologie -
Walter Sparn: Die Opposition gegen den Pantheismus in der protestantischen Theologie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts -
Rudolf Smend: Cohen und die alttestamentliche Wissenschaft seiner Zeit -
Gerald Hartung: Der »eminant historische Charakter jüdischer Prophetie« - Religionsphilosophische Betrachtungen bei Julius Wellhausen, Max Weber und Hermann Cohen -
Peter Fischer-Appelt: Hermann Cohen und Wilhelm Herrmann
3. Diskurse um die Bedeutung von Cohens Spätwerk für die evangelische Theologie
Jörg Dierken: Die »Religion der Vernunft« und die Vernunft der Religion -
Helmut Holzhey: Cohen und der Glaube an Jesus Christus -
Heinrich Assel: Name und Idee des einzigen Gottes -
Friedrich Lohmann: Cohens Gedanke der Korrelation - eine christliche Option? -
Dietrich Korsch: Die Bedeutung der Sünde für die Konstitution von Subjektivität -
Hans Martin Dober: Die Vernunft im Gebet. Erwägungen zu einem Phänomen gelebter Religion in praktisch-theologischer Perspektive