»Rom« war für den Protestantismus immer ein wichtiges Gegenüber. Umgekehrt hat auch die Präsenz von Protestanten die Ewige Stadt seit dem späten 18. Jahrhundert geprägt. Die Autoren der hier gesammelten Beiträge untersuchen die kulturellen und theologischen Wahrnehmungsmuster der Stadt bis zur Zeit des ersten Weltkrieges.
»Rombilder« sind beides: konkrete Bilder einer konkreten Stadt (gemalte oder erinnerte Bilder) und zugleich vielschichtige Sprachbilder und Metaphern. Dieser Band bewegt sich genau an der Schnittstelle, an der sich aus der konkreten Begegnung mit der Stadt Rom ein verarbeitetes Rombild in der Theologie, im Geistesleben und im Kunstschaffen des Protestantismus entwickelt. Der Untersuchungszeitraum beginnt im späten 18. Jahrhundert, weil zu dieser Zeit die konkrete Begegnung mit Rom neu an Bedeutung gewinnt. Er endet mit den Jahren um den Ersten Weltkrieg, der eine tiefe Zäsur darstellt. In dieser Zeit gewinnt umgekehrt auch die Präsenz von Protestanten in der Ewigen Stadt eine gewisse Konsistenz, die Aspekte des kulturellen Lebens prägte. Demnach kombinieren die Autoren der hier gesammelten Beiträge zwei methodische Zugänge: einerseits einen Theologie- und Theologen-zentrierten Zugriff mit Beiträgen zu einzelnen »großen« Gestalten, die Eindrücke von Rom verarbeiteten. Andererseits die römische Perspektive: Künstler und Intellektuelle, aber auch einfache Leute, die nach Rom kamen und für die das protestantische Bekenntnis mehr oder minder prägend war. Auf diese Weise wird der deutschsprachige Protestantismus in seiner ganzen Breite wahrgenommen. Die entstehenden kulturellen Interaktionen werden in unterschiedlichen Feldern und von unterschiedlichen Fachleuten untersucht, vor allem in den Bereichen Kunst, Literatur, Wissenschaft und Theologie. Der Band ist entstanden aus der Zusammenarbeit des Deutschen Historischen Instituts in Rom mit dem Melanchthon-Zentrum, dem protestantischen Studienzentrum in Rom.
Die Reihe Rom und Protestantismus erscheint in Zusammenarbeit mit dem Verlag
Claudiana SRL, Turin.
Inhaltsübersicht:
WissenschaftUlrich Muhlack: Leopold Ranke, Rom und »Die römischen Päpste« -
Arnold Esch: Gregorovius' Geschichte der Stadt Rom und das Ende des Kirchenstaates -
Stefan Rebenich: Ecco Montsene. Theodor Mommsen und Rom -
Gury Schneider-Ludorff: Adolf Harnacks Romdeutungen und die Reorganisation des Preußischen Historischen Instituts -
Christoph Markschies: Hans Lietzmann und die römische Kirchengeschichte
TheologieMarkus Buntfuß: Von Rom kuriert - in Neapel genesen. Herders andere Italienreise -
Martin Wallraff: Zwischen Klassik und Kulturprotestantismus. Die protestantische Romidee des Christian Carl Josias von Bunsen -
Jörg Lauster: Die ewige Stadt und das Heilige. Liberale Protestanten in Rom -
Fulvio Ferrario: Dietrich Bonhoeffer und sein Erleben der Stadt Rom
LiteraturJan Rohls: Goethes Romerlebnis, das Christentum und die Kunst -
Gerhard Lauer: Das Phantasma Rom und sein bürgerliches Fortleben. Zum Funktionswandel des Rombildes in der deutschen protestantischen Literatur des langen 19. Jahrhunderts -
Golo Maurer: Rom wie es war - und wie es wirklich ist. Rombilder von Wilhelm v. Humboldt bis Gustav Nicolai
KunstMichael Thimann: Kunst und Künstler. Die Erinnerungsgeschichte des »deutschen Rom« in kunsthistorischer Perspektive -
Christof Thoenes: Das italienische Tagebuch des Grafen Paul Yorck von Wartenburg -
Jürgen Krüger: Kapitolinische Diskussionen um Mater Ecclesiarum und protestantischer Kirchbau -
Gunnar Wiegand: Die Kapitolinische Liturgie. Entstehung, Entwicklung und kirchenmusikalische Implikationen