Was ist an Weisheit falsch und problematisch, sodass sie den Weisen zum Verhängnis werden kann? Dieser Frage widmet sich Marcel Krusche auf der Basis alttestamentlicher Texte, in denen Weisheit als ambivalentes oder abträgliches Gut erscheint und die (vermeintlich) Weisen ein negatives Image haben.
Weisheit begegnet in alttestamentlichen Texten nicht nur als lebensförderliche Qualität, sondern auch als verhängnisvolles Gut. Die Weisen haben mitunter ein negatives Image und gehen trotz oder wegen ihrer tatsächlichen oder angemaßten Weisheit zugrunde. Auf der Basis prophetischer, narrativer und weisheitlicher Texte sowie vor dem Hintergrund altorientalischer Weisheitskonzeptionen geht Marcel Krusche der Frage nach, was an menschlicher Weisheit falsch und problematisch ist, sodass sie den Weisen zum Verhängnis wird. Immer wieder zeigt sich dabei der schmale Grat zwischen Weisheit und Hybris. Eine entscheidende Rolle bei der Kritik am menschlichen Umgang mit Weisheit spielt die göttliche Ebene, wenn Weisheit als göttliche Qualität aufgefasst wird oder die Weisen als Kontrastfolie für die Vermittlung eines bestimmten Gottes- und Geschichtsbildes dienen.
Inhaltsübersicht:
Kapitel 1: Grundlegung1.1 Verhängnisvolle Weisheit: Hinführung zum Thema
1.2 Was ist Weisheit? Semantische und forschungsgeschichtliche Aspekte
1.3 Vorüberlegungen zu Textauswahl, Methodik und Aufbau
Kapitel 2: „Ich bin weise, ich bin gebildet“: Das babylonische Strophengedicht über Nabonid2.1 Hintergrund
2.2 Aufbau und Inhalt des Strophengedichts
2.3 Text und Übersetzung von P1 V 8′–13′
2.4 Die Weisheit des Nabonid: Hintergründe und Selbstaussagen
2.5 Bezüge zum Gilgamesch-Epos
2.6 Adapa
2.7 Der Weisheitsanspruch neuassyrischer Könige
2.8 Gelehrsamkeit und Geheimwissen am Königshof
2.9 Auslegung von P1 V 8′–13′
2.10 Fazit
Kapitel 3: „Durch meine Weisheit habe ich es vollbracht, denn ich bin klug“: Jesaja 10,5–153.1 Text und Übersetzung
3.2 Literarischer Kontext und Aufbau
3.3 Literarhistorische Genese
3.4 Weisheit und Hybris in der Grundschicht
3.5 Ausblick: Die redaktionellen Erweiterungen
3.6 Fazit
Kapitel 4: „Deine Weisheit und dein Wissen hat dich verleitet“: Jesaja 474.1 Text und Übersetzung
4.2 Aufbau
4.3 Literarische Horizonte
4.4 Literarhistorische Genese
4.5 Die Entthronung der Tochter Babel (V. 1.2.5)
4.6 Babels Weisheit, Hybris und falsche Sicherheit (V. 8–11*)
4.7 Nutzlosigkeit und Untergang der Gelehrten Babels (V. 12–15)
4.8 Babels Hybris, Vergehen und Strafe (V. 3.6f.10aαβ)
4.9 Fazit
Kapitel 5: „Weiser warst du als Daniel“: Ezechiel 28,1–195.1 Text und Übersetzung
5.2 Literarischer Kontext und Aufbau
5.3 Literarhistorische Genese
5.4 Die Hybris der Selbstvergottung (V. 1–10*)
5.5 Weisheit, Schönheit, Hybris und Fall (V. 12–18*)
5.6 Weisheit, Handel, Reichtum und Hybris: Die redaktionellen Ergänzungen
5.7 Fazit
Kapitel 6: „Ihr werdet sein wie Götter, indem ihr Gut und Schlecht erkennt“: Genesis 2–36.1 Literarische Analyse
6.2 Literarhistorische Genese
6.3 Text und Übersetzung der Gartenepisode (Gen 2,8.9b.16f.25; 3,1–24)
6.4 Der „Baum der Erkenntnis von Gut und Schlecht“ und seine Wirkungen
6.5 Der Griff nach der Erkenntnis als Akt der Hybris?
6.6 Die Klugheit der Schlange
6.7 Datierung
6.8 Fazit
Kapitel 7: „Gott macht die Weisheit der Weisen zunichte“7.1 Jesaja 19,11–14
7.2 Jesaja 29,13–14
7.3 Jesaja 44,24–28
7.4 Jeremia 49,7 und Obadja 8
7.5 Hiob 5,8–16
7.6 Weitere Stellen
7.7 Göttliche Verwirrung menschlichen Verstandes in neuassyrischen Königsinschriften
7.8 Synthese und Fazit
Kapitel 8: „Halte dich nicht selbst für weise!“8.1 Jesaja 5,21
8.2 Jeremia 8,7–9
8.3 Jeremia 9,22–23
8.4 Sprüche 26,5.12.16; 28,11
8.5 Sprüche 3,5–8
8.6 Altorientalische Umwelt
8.7 Synthese und Fazit
Kapitel 9: Synthese9.1 Weisheitskonzeptionen
9.2 Weisheit und Macht
9.3 Göttliche Weisheit
9.4 Weisheit und Hybris
9.5 Rhetorik und Pragmatik
9.6 Gottesbilder und theologische Motive der Weisheitskritik
9.7 Diachrone Entwicklungen
9.8 Ausblick: Weisheit ohne Hybris?
9.9 Fazit
Kapitel 10: Ausblick10.1 Frühes Judentum: Wissen und Weisheit in 1Hen
10.2 Neues Testament: Weisheit in 1Kor 1–4
Epilog