Cover von: Die Haftung des Verwenders von KI-Systemen auf der »zweiten Stufe«
Ann-Kristin Mayrhofer

Die Haftung des Verwenders von KI-Systemen auf der »zweiten Stufe«

Rubrik: Dissertation
Jahrgang 16 (2024) / Heft 4, S. 490-515 (26)
Publiziert 15.01.2025
DOI 10.1628/zge-2024-0028
Beschreibung
Der im Jahr 2022 veröffentlichte Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über KI-Haftung sieht keine neuen Haftungsgrundlagen vor, sondern enthält auf einer »ersten Stufe« zunächst nur Offenlegungs‑ und Vermutungsregeln. Zugleich ist jedoch geplant, auf einer »zweiten Stufe« zu bewerten, ob »Vorschriften über die verschuldensunabhängige Haftung für Ansprüche gegenüber Betreibern bestimmter KI-Systeme angemessen sind« (Art. 5 Abs. 2). Ausgehend von diesem Ansatz befasst sich der Beitrag mit der Haftung des Verwenders von KI-Systemen de lege ferenda. Allerdings wird keine KI-spezifische Lösung vorgeschlagen, sondern es wird gezeigt, dass sich eine Reihe von Schwierigkeiten bei der Haftung für »technische Agenten« dadurch bewältigen lässt, dass die schon lange vor dem Aufkommen von KI-Systemen diskutierte Haftung für »menschliche Agenten« erweitert wird. Anstelle einer speziellen Gefährdungshaftung des Verwenders von KI-Systemen sollte eine allgemeine Sicherstellungshaftung für Unternehmer, die Gefahrsteuerungszuständigkeiten an andere Personen delegieren, in Betracht gezogen werden. Hierdurch würde die Haftung des Verwenders insofern erweitert, als dieser zwar keine Gefahrsteuerungszuständigkeiten an das KI-System, aber an den Hersteller delegiert. Die Sicherstellungshaftung würde den Geschädigten vor hieraus resultierenden Risiken bei der Durchsetzung seiner Ansprüche schützen und wäre für den Verwender weniger belastend als eine Gefährdungshaftung. Perspektivisch ließe sich eine solche Haftung in die EU-Produkthaftung integrieren.