Elisabeth Rossa beleuchtet die verfassungs- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen für eine vertiefte verteidigungs- und sicherheitspolitische Integration Deutschlands in die EU. Sie zeigt auf, welche Herausforderungen sich aus der Notwendigkeit multinationaler Kooperationen ergeben und wie diese über eine duale Lesart des militärischen Gewaltmonopols im Lichte offener Staatlichkeit zu bewältigen sind.
Elisabeth Rossa analysiert angesichts der veränderten geopolitischen Sicherheitslage verfassungs- und unionsrechtliche Möglichkeiten einer Steigerung der Resilienz europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Sie untersucht die Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und beleuchtet die Rolle europäischer Reformbestrebungen unter Herausarbeitung konkreter Finalitätsszenarien. Die Autorin thematisiert in diesem Zusammenhang die Spannungen zwischen nationaler Souveränität und supranationalen Anforderungen und zeigt unter dem Blickwinkel der Staatszielbestimmung offener Staatlichkeit auf, wie vermeintliche verfassungsrechtliche Hürden fortschreitender Integration nach Maßgabe einer vorgeschlagenen dualen Auslegung des militärischen Gewaltmonopols überwunden werden können. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Friedensstaatlichkeit des Grundgesetzes sowie auf dem Wehrverfassungsrecht unter vertiefter dogmatischer Auseinandersetzung mit jüngsten Reformansätzen. Fragen der primärrechtlichen Umsetzbarkeit der zuvor erarbeiteten Finalitätselemente stellen den unionsrechtlichen Kern der Untersuchung dar, wobei die Überlegungen signifikant den Stand de lege lata verlassen.
Inhaltsübersicht:
EinleitungDie Anfänge einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik bis zum Vertrag von LissabonA. Die europäische Idee in der frühen Nachkriegszeit – Über das Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft bis zu den Pariser Verträgen
B. Die europäische Idee und ihre vertragliche Fixierung – Über die Römischen Verträge zu der Europäischen Union des Vertrages von Lissabon
C. Zwischenfazit: Lehren aus der Vergangenheit – Entwicklungsmuster und Eckpfeiler europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Die momentane europäische Verteidigungsarchitektur nach dem Vertrag von LissabonA. Vorüberlegung: Die Konzeption von Supranationalität und Intergouvernementalismus
B. Das auswärtige Handeln der Europäischen Union
C. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
D. Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
E. Zwischenfazit: Europäische Verteidigung unter Spannung
Verfassungsrechtliche Grundlagen einer Beteiligung Deutschlands an der europäischen Verteidigungspolitik A. Vorüberlegungen zu dem Begriff der „offenen Staatlichkeit“
B. Die „offene Staatlichkeit“ in der Verfassung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
C. Die verteidigungspolitischen Normen der Verfassung und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Modelle einer zukünftigen europäischen Verteidigungspolitik A. Verteidigungs- und sicherheitspolitische Strategien der Europäischen Union
B. Verteidigungs- und sicherheitspolitische Strategien der Bundesrepublik Deutschland
C. Implikationen europäischer und nationaler Visionen für eine finale europäische Verteidigungspolitik
Verfassungsrechtliche Grenzen offener Staatlichkeit und einer sicherheits- und verteidigungspolitischen Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union A. Vorüberlegungen zu einer verteidigungspolitischen Verfassungsidentität
B. Vorüberlegungen zu dem Friedensgebot des Grundgesetzes als spezifischer Integrationsgrenze
C. Finalitätselement: Abrücken von dem Prinzip der Einstimmigkeit
D. Finalitätselement: Stärkung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und der Rüstungskooperation
E. Finalitätselement: Die „neue“ Rolle des Art. 44 EUV
F. Finalitätselement: Die Integration der Streitkräfte
G. Abschließende Überlegungen zu einer sicherheits- und verteidigungspolitischen Finalität der EU und den Einfallstoren offener Staatlichkeit mit verteidigungspolitischer Relevanz
Schlussbetrachtung